Nach Angaben des Statistischen Bundesamts nehmen die Anträge von Briten für die Deutsche Staatsbürgerschaft mit Blick auf den bevorstehenden EU-Austritt immer mehr zu.
Aus diesem Grund und der direkten Nachbarschaft – die ostfriesischen Inseln werden nach dem Brexit die neue EU Außengrenze – stellt sich Ostfriesland nun auf zunehmende Einwanderer ein.
So soll die ostfriesische Teezeremonie in Form des in der Landessprache bekannten „Elführtje“ nicht mehr morgens gegen 11:00, sondern zukünftig nachmittags gegen 17:00 abgehalten werden.
Getreu dem Motto „Wat mutt dat mutt“, ist ein entsprechender Hinweis bereits an alle ostfriesischen Behörden und Ämter herausgegangen, mit der Bitte ihre Sprechzeiten entsprechend anzupassen und sich auf vermehrten Zulauf von Bürgern zu diesen Zeiten einzustellen.
Die Umstellung auf den späten Nachmittag kommt den Gewohnheiten der Briten entgegen, die traditionell 1 Stunde Differenz zur Europäischen Zeit gewohnt sind. Dadurch können die eingereisten Engländer ihren „High Tea“ weiterhin um 16:00 einnehmen. Diese Regelung soll vorläufig in Ostfriesland bis zur Abschaffung der Zeitumstellung 2021 für alle EU Staaten gelten.
In diesem Zusammenhang soll das „Elführtje“ auch umbenannt werden in „Hoog Tea“ sowie weitere leichte Anpassungen vorgenommen werden. Als gastfreundliche Ostfriesen möchte man es den neuen Einwohnern möglichst leicht machen sich in die ostfriesische Tee-Gesellschaft zu integrieren. Dabei soll aber weiterhin auf den Status „Inmaterielles Kulturerbe Ostfriesische Teekultur“, welches Ostfriesland von der UNESCO verliehen wurde, geachtet werden.
Die ostfriesischen Teemanufakturen haben bereits ihre Produktion auf weitere Teesorten umgestellt. Für die zahlreichen englischen Gastarbeiter, die auf ostfriesischen Baustellen oder in der Landwirtschaft eingesetzt werden wird es erstmalig auch eine ostfriesische Tee-Mischung als „builder’s tea“ geben: ein stark gebrühter Beuteltee mit viel Milch und echtem Zucker statt Kluntje. Zudem gibt es erste Prototypen von Etageren im Teerosen Design um die Vielzahl an Gebäck und Süßen Beilagen unterzubringen, welche man im Teemuseum Leer bestaunen kann.
Kluntje First – Tee Second.
Ob es bei „Kluntje First, Tee Second“ bleiben wird, ist noch nicht entschieden. Das ostfriesische Teemuseum mit Sitz in Norden prüft derzeit neue Varianten vorbehaltlich der Finanzierung durch die Europäische Union. Freiwerdende Mittel aus dem EU Haushalt, die sonst für englische Projekte verwendet worden wären, sollen nun Ostfriesland und seinen Teeherstellern zufallen.
„Wir brauchen neue Sorten an Kookjes, um den süßen Scones etwas ebenbürtiges als Beilage zu servieren“, so heisst es ebenfalls vom ostfriesischen Landvolk. Zahlreiche Bauersfrauen versuchen sich in ihren Melkhuskes bereits an neuen Rezepten.
Die berühmten sonst nur zum Jahreswechsel erhältlichen Krüllkuchen sollen hier nun auch ganzjährig angeboten werden – mit einer ordentlichen Portion „Clotted Cream“.
Auch bei den Ammerländer Schinken-Fabrikanten wittert man schon ein neues Geschäft, wird doch traditionell „Malt Bread“ zum Tee verzehrt. Hier darf ein Rosinenstuten mit ordentlich Butter und Schinken natürlich nicht fehlen.
Für die adligen Auswanderer gibt es bereits auch schon Lösungsansätze: die zahlreichen Burgen und Schlösser in Ostfriesland stellen sich bereits auf die neuen blaublütigen Gäste ein. So soll im Schlosspark von Jever demnächst auch ein „Royal Tea“ angeboten werden – natürlich auf ostfriesisch, bei dem zusätzlich frisches Jever Pilsener vom Fass statt Champagner gereicht wird. Jever als Hochburg des Blaudruckes werkelt schon an neuen Mustern für einen ostfriesischen Tweed – gesponnen aus Schafswolle der traditionellen Deichschäfereien.
Das Pferderennen in Hooksiel als auch das Landesturnier in Rastede bietet dabei zusätzlich die beste Kulisse, damit sich die englischen Neuankömmlinge auch bei Ihrem liebsten Freizeitsport besonders wohl fühlen. Auch hier denkt man bereits an eine Anpassung des kulinarischen Angebots nach – Fish and Chips mit Zeitungspapier umwickelt statt einfache Krabbenbrötchen für die bisherigen Gäste.
Im Ammerland, wo man dieses Jahr das 100-Jahre Bad Zwischenahn Jubiläum feiert und die neue Saison vorbereitet, plant der Park der Gärten bereits eine Erweiterung um einen „englischen Garten mit einem Traum von Rhododendren“.
Dangast – bekannt für seinen Rhabarberkuchen – soll zukünftig sein Angebot ebenfalls um weiteres süßes Gebäck erweitern. Erwartet werden hier mehrere tausend britische Urlaubsgäste, die in ihrer neuen Heimat gerne einen Kurzausflug an den Beach machen möchten. „Wir werden dafür wohl die Zufahrt für Oldenburger Bürger einschränken müssen“ heißt es aus der Kurverwaltung Dangast zum neuen Angebot, „sonst droht uns ein Verkehrschaos“.
Juist statt Jersey, Norderney statt Guernsey
Zahlreiche neue Bürger und Tagesausflügler werden auch in anderen Orten in Ostfriesland erwartet. Während die Neubürger sich in Neuengland im Landkreis Ammerland sicherlich direkt heimisch fühlen, überlegen einzelne Küstenbadeorte ihr „-siel“ zugunsten von „by the Sea“ aufzugeben um ihre Strandlage auch bei den Neuankömmlingen bekannter zu machen. So könnte es demnächst heißen „Dornum by the Sea“ oder „Esens by the Sea“ – kilometerlange Strandpromenaden und Seebrücken inbegriffen. Und auch die ostfriesischen Inseln positionieren sich schon vorausschauend als neue „englische Kanalinseln“ – so kann Norderney doch auf eine längere Tradition als Seebad zurückblicken, als die Isle of Wight. Bei bestem Wetter genießen hier die Auswanderer zusätzlich von der Strandpromenade einen Blick auf das englische Festland.
Ob die neue „Miss Ostfriesland“ zukünftig ein Schwarz-Buntes Highland Cattle wird, konnte man vom Ostfriesischen Stammviehzüchterverein noch nicht bestätigen. Die ersten ostfriesischen Highland Games gibt es aber schon und finden im Sommer 2019 in Großheide statt.
„Wir planen erstmal bis 2022“, so heisst es auf dem Haus der Ostfriesland Tourismus GmbH, “ bis absehbar ist, ob unsere Maßnahmen zur Integration hier greifen – oder die Engländer nicht doch wieder der Europäischen Union beitreten wollen“.
Ein Exit vom Brexit wäre sicherlich denkbar, dass sollte dann aber nicht an der Gastfreundschaft der Ostfriesen scheitern.
Hinweis: Es handelt sich hierbei um eine Sonderveröffentlichung des Magazin Teetied zum 1.April 2019 😉
Marta says:
Geile Geschichte. Hab mich köstlich amüsiert.
John Francis Moss says:
I’m surprised you didn’t mention English Brexit Tea 🙂
Annegret Tack-Benton says:
Das war die beste Ente zum 1. April 2019, sogar besser als das, was uns hier in England die Clowns in der Regierung bieten
Annegret
Günther Thiems says:
Dann ist es ja richtig schön das die Burg Knyphausen verkauft wird.
Der neue Name wird dann wohl Castle to Knyphome heißen.
http://www.wzonline.de/…/burg-kniphausen-wird-verkauft…
Winfried says:
Wunnebar – danke!!! Mehr kann ich jetzt leider nicht schreiben; ich muss dringend neuen Tee kochen!
Ferienhaus Fentje – Familie Clauß says:
Eine sehr gelungene Geschichte und an den Grundsatz „Kluntje First, Tee Second“ sollte sich jeder halten. 🙂 So, der Tee ist fertig, bis bald und viele Grüße.