Familienbande: Das Haus Attena

Das Haus Attena ist ein bekannter Name in Ostfriesland und gehörte einst zu einem mächtigen Häuptlingsgeschlecht. Im Gegensatz zu vielen anderen Häuptlingsfamilien bildete die Familie Attena jedoch keine geschlossene Gruppe. Seit dem 13. Jahrhundert war das Haus in zwei Zweige aufgeteilt, von denen einer in Norden und der andere in Dornum ansässig war. Die ursprüngliche Herkunft des Namens ist daher unklar.

In Norden wird vermutet, dass die Familie dort durch Heirat in die Gemeinschaft aufgenommen wurde. Hylo Attena war der erste bekannte Vertreter des Familiennamens im Norderland um 1347. Er war einer der Richter oder Konsulen, die im friesischen System der Friesischen Freiheit für die Rechtsprechung zuständig waren. Gemeinsam mit einem Vorfahren der Cirksena-Familie und einem Mitglied der alten Idzinga-Familie gehörte er zu den „advocati terre Nordensis“. Als das freie System zusammenbrach, übernahmen die Cirksena und die Attena die Macht in der Region. Ab 1367 etablierten sie sich als Häuptlinge unter dem Titel „capitales“. Durch ihre Zusammenarbeit mit den Vitalienbrüdern gerieten sie jedoch in Konflikt mit der Hanse, insbesondere mit Hamburg. 1408 zerstörte die Hanse die Burg der Attena in Norden und vertrieb die Familie. Erst nach dem Sturz der tom Brok und dem machthungrigen Focko Ukena, der die Herrschaft über Ostfriesland an sich reißen wollte, kehrten sie in ihre Heimat zurück. Als Anführer im Kampf gegen Ukena unterstützten sie die Cirksena und die ostfriesische Bevölkerung.

In Dornum ist die Herkunft des Namens etwas komplizierter. Die Häuptlinge und Familienmitglieder des Geschlechts nannten sich selbst nicht Attena. Erst der Chronist Ubbo Emmius gab im 17. Jahrhundert rückblickend dem Häuptling Hero Eylwerdessen, auch bekannt als „Olde Hero“, den Namen Hero Attena. Hero lebte im 14. Jahrhundert auf der Westerburg. Es wird vermutet, dass die Norderburg in Dornum durch eine Ehe in die Familie gelangte.

Die Attena-Familie verstand sich in der Kunst der Familien- und Heiratspolitik. Sie arrangierten strategische und vorteilhafte Verbindungen für ihre Töchter und Söhne, was ihnen ermöglichte, zu den angesehensten und mächtigsten Familien in Ostfriesland zu gehören.

Ein weiterer Nachkomme, der mit dem Haus Attena verbunden ist, ist der 1425 geborene Häuptling Sibet Attena. Seine Mutter war eine Cirksena, was ihm nicht nur sein väterliches Erbe, die Osterburg in Dornum, als Machtbereich einbrachte, sondern auch die Herrschaft über Esens als treuer Gefolgsmann und Neffe der Cirksena. Durch seine erste Ehe erhielt er Stedesdorf dazu und eroberte das angrenzende Gebiet von Wittmund. So formte er das Harlingerland zu seinem Machtbereich. Als sein Onkel Ulrich Cirksena 1464 zum ersten Grafen von Ostfriesland erhoben wurde, war Sibet an den Feierlichkeiten beteiligt. Er wurde an diesem Tag durch den Ritterschlag selbst geadelt und geehrt. Gemäß der Familientradition nahmen auch seine Kinder wichtige Verbindungen mit bedeutenden Familien ein. Sein Sohn Hero Omken heiratete Armgard, Gräfin von Oldenburg, und seine Tochter Frouwa heiratete Edo Wiemken d.J., den Häuptling von Jever. Sein Sohn Ulrich von Dornum spielte eine andere herausragende Rolle. Er gab den Anstoß für die Oldersumer Religionsgespräche, deren Texte durch den aufkommenden Buchdruck schnell verbreitet wurden. Die Aufzeichnungen von Ulrich trugen wesentlich zur Ausbreitung und schnellen Durchsetzung der Reformation in Ostfriesland bei.