Die Begriffe Teetied oder Elführtje hat jeder, der schon mal in Ostfriesland war, bereits gehört. Heute gehen wir der Teetied (Teezeit) in Ostfriesland mal auf die Spur. Die Ostfriesen sind Weltmeister im Tee trinken – ca. 300 Liter wird im Jahr pro Kopf getrunken. Und das kommt nicht von ungefähr. Die Etablierung der Teetied in Ostfriesland trägt einen großen Teil dazu bei.
Bis in die 1970er Jahre war es üblich, dass die Ostfriesen sich so um 11 Uhr zum gemeinsamen Tee besuchten. Daraus entwickelte sich das ostfriesische Elführtje. Der Tee wird hierfür nach einer bestimmten Zeremonie vorbereitet und getrunken. Zuerst wird ein Kluntje, den die Ostfriesen auch liebevoll „Klunni“ nennen, in die Teetasse aus Porzellan gelegt. Dann gießt man den heißen Tee darauf – dabei knistert es, als ob die Tasse zerspringt (aber keine Angst, für das Geräusch ist der Klunni verantwortlich – Scherben wird es keine geben). Und zum Schluss kommt die Sahnewolke (ostfriesisch „Wulkje“). Die Sahne wird vorsichtig mit einem Löffel gegen den Uhrzeitsinn (die Ostfriesen möchten mit diesem Ritual die Zeit stehen lassen) auf den Tee gelegt. Aus den Tiefen der Tasse bilden sich nun kleine Wölkchen. Das Umrühren ist nicht üblich – dies rührt aus der Zeit, als der Kluntje sehr teuer war und sich nicht so schnell auflösen sollte. Zudem kann man den Tee so in drei Schichten trinken – erst kommt die Sahne, dann der kräftige Tee und zum Schluss die Süße des Klunni. Drei Tassen sind Ostfriesenrecht und werden ungefragt nachgeschenkt, sobald die Tassen alle wieder leer sind. Der Löffel, der an der Tasse liegt, hat einzig und alleine den Zweck, dem Gastgeber zu vermitteln, dass man keinen Tee mehr trinken möchte.
Bis heute sind in Ostfriesland fünf bis sechs Teezeiten gebräuchlich: Nach dem Aufstehen startet der Ostfriese statt mit Kaffee natürlich mit Tee in den Tag. Weiter geht es um 11 Uhr mit der Elführtje, bevor es um 15 Uhr bereits die nächsten Tassen Tee gibt. Zum Abendbrot, so ca. 18 Uhr, steht die Teekanne bereits wieder auf dem Tisch. Am Abend werden nochmal ein bis zwei Teezeiten abgehalten (zwischen 20 und 21 Uhr bzw. noch später).
Im Jahr 2016 wurde die Ostfriesische Teekultur als ein Immaterielles Kulturerbe in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen. Laut der Deutschen UNESCO-Kommision hat die Teekultur eine identitätsstiftende Funktion, strukturiert den Alltag und Tagesrhythmus, stiftet sozialen Zusammenhalt und ist natürlich ein Wiedererkennungsmerkmal für die Region.
Wer gerne noch mehr über das Thema Tee erfahren möchte, der sollte unbedingt das Bünting Teemuseum in Leer und das Ostfriesische Teemuseum in Norden besuchen. Hier werden neben dem Teeanbau auch die Teezeremonien anderer Ländern thematisiert. Und aus eigenen Erfahrungen können wir sagen – es lohnt sich. Und nicht vergessen – der Tee schmeckt noch besser, wenn es dazu eine Ostfriesentorte gibt!
Juergen Tschierschke says:
Ich fahre seit 6 Jahren regelmäßig 2mal pro Jahr nach Ostfriesland. Teetied gehören für mich einfach dazu. Wenn ich in Rente gehe werde ich nach Ostfriesland ziehen.