„Fern von jeglichem Einfluss frauenrechtlicher Ideen bin ich in einem kleinen ostfriesischen Dorf, Pewsum bei Emden, aufgewachsen“, schreibt Hermine Heusler-Edenhuizen (geb. 16.März 1872, gest. 26.11.1955 in Berlin) in ihren Lebenserinnerungen. Nach dem Besuch einer privaten Töchterschule in Emden stagniert ihre Ausbildung. Eigentlich möchte sie Lehrerin werden, kann sich aber nicht gegen die Vorbehalte des Vaters, eines Landarztes, durchsetzen. Zwei Jahre lang kränkelt sie und kommt dann zunächst, wie viele Mädchen ihres Standes, in Pension. Dort reift in ihr der Gedanke, Ärztin werden zu wollen. Sie fasst ihr berufliches Ziel fest ins Auge und kämpft unerbittlich für seine Umsetzung. Mit Erfolg: Die geborene Pewsumerin wird 1909 die erste in Deutschland ausgebildete Spezialärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Im Zuge eines Selbststudiums stößt sie 1893 auf die Zeitschrift „Die Frau“, in der von der Oldenburger Frauenrechtlerin Helene Lange in Berlin Gymnasialkurse für Frauen angeboten werden. Hermine Heusler-Edenhuizen entschließt sich daraufhin, das Abitur nachzuholen, das sie 1898 ablegt. Die Pewsumerin bleibt Helene Lange verbunden, die sich als Lehrerin und Politikrein für gleiche Bildungs- und Berufschancen für Frauen einsetzt. Unter dem Leitsatz der Frauenrechtlerin – „Beständigkeit ist das Geheimnis des Erfolgs“ – besucht die junge Hermine zunächst gegen das und dann aber mit dem Einverständnis des Vaters die Gymnasialkurse, die sie als siebte Deutsche erfolgreich mit dem Abitur absolviert.
Gegen starke Widerstände nimmt sie auch das Studium der Humanmedizin auf. In einer Zeit, als Frauen noch nicht an Universitäten zugelassen sind. Für jeden Vorlesungsbesuch muss die Studentin den zuständigen Professor um Erlaubnis bitten. Trotzdem studierte sie in Zürich, Halle und Bonn Medizin. Das Studium schließt sie 1903 mit dem Examen ab und erreicht als erste Frau in Deutschland die Facharztreife in der Gynäkologie. In Bonn wird die junge Ärztin zur Dr. med. promoviert.
In Bonn lernt die gebürtige Ostfriesin auch ihren späteren Ehemann Otto Heusler kennen. Die beiden heiraten 1912. Diese Heirat ist ein gesellschaftlicher Skandal, weil sich Heusler ihretwegen scheiden lässt und außerdem bei der Heirat einen Ehevertrag zugunsten seiner Ehefrau abschließt. Dadurch geht gegen seinerzeit geltendes Recht die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen und die Entscheidungsgewalt über ihre Berufstätigkeit nicht auf ihren Ehemann über. Noch vor ihrer Heirat lässt sich Hermine Heusler-Edenhuizen als Ärztin nieder, zunächst in Köln, später in Berlin.
Ihre intensive ärztliche Tätigkeit in Praxis und Klinik führte sie zur wissenschaftlichen Erforschung über die häufig tödlich verlaufenden Krankheitsbilder der Eklampsie (Schwangerschaftskrampf) und des Puerperalfiebers (Kindbettfieber) . Die internationale Anerkennung hierfür bleibt anlässlich eines internationalen Kongresses in London nicht aus.
1924 entschließt sie sich zusammen mit vier in gleicher Weise engagierten Kolleginnen, den Bund Deutscher Ärztinnen zu gründen. Der Bund, der nach Wiedergründung in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Deutscher Ärztinnenbund umbenannt wird, bleibt bis heute ständiges und hoch aktives Mitglied des Weltärztinnenbundes.
Hermine Heusler-Edenhuizen ist lebenslänglich über ihr medizinisches Engagement hinaus auch als Frauenrechtlerin aktiv. „Ein Mann nach altem Stil, der in der Ehe auf allen Gebieten der ,Herr im Hause‘ sein will, kann mit einer selbstbewussten, berufstätigen Frau nicht in Ruhe und Frieden leben“, schreibt sie. Als Gründungsmitglied des Ärztinnenbundes kämpft sie für das Recht der Frauen auf Berufstätigkeit, für sexuelle Aufklärung und mit einer kleinen Zahl radikaler bürgerlicher Frauen für die Abschaffung des Abtreibungs-Paragrafen 218.
In der Zeit des Nationalsozialismus konzentriert sie sich auf ihre Arztpraxis in Berlin. Nach dem Tod ihres Mannes 1943 beginnt sie mit der Aufzeichnung ihrer Lebenserinnerungen. 1945 zieht sie zurück in ihren Heimatort Pewsum und praktiziert dort noch bis 1952. Danach folgende Wanderjahre zwischen Ludwigshafen, Celle und Hannover führen sie schließlich 1955 nach Berlin, wo sie im selben Jahr am 26. November infolge eines Schlaganfalls stirbt. Gedenktafeln an ihrem Wohnhaus in Charlottenburg und bei ihrem Geburtshaus in Pewsum erinnern an das Schaffen von Hermine Heusler-Edenhuizen.
Auch in Pewsum, ihrem Geburtsort, erinnert seit 2012 eine Gedenktafel an das außergewöhnliche Leben und beeindruckende Schaffen der ersten deutschen Frauenärztin. Pewsum bleibt als „Frauenort“ mit dem Namen Hermine Heusler-Edenhuizen auch nach außen hin verbunden.
Veranstaltungen:
Mi., 17.01.2018, um 18:30 Uhr – Du musst es wagen
Hermine Heusler-Edenhuizen erzählt aus ihren Lebenserinnerungen. Erzähltheater mit Musik und Gesang.
Manningaburg Pewsum, Drostenplatz, 26736 Krummhörn
Eintritt frei – um Spenden wird gebeten
Kunstausstellung – Starke Frauen, die uns inspirieren
Bilder und Objekte der Kunstgruppen der LAK von und über starke Frauen.
Rathaus Pewsum, Gast-Stube, Rathausstraße 2, 26736 Krummhörn
gemeinde@krummhoern.de, Termine werden bekannt gegeben
Folkea says:
Ein sehr informativer Beitrag zu einer spannenden Persönlichkeit!
Danke dafür!