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Recha Freier und die Kinder der Villa Emma

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Lebendiger Frauenkalender 2018 – FrauenLeben in Ostfriesland" berichtet Teetied über diese beeindruckende Frau aus Ostfriesland.

 

 

Recha Freier

Die in Norden geborene Jüdin Recha Freier (1892-1984) war überzeugte Zionistin, Schriftstellerin und Lehrerin, Frau eines Rabbiners und Mutter von vier Kindern.1932 gründete sie die Jugend-Alijah, die die Einwanderung von Kindern und Jugendlichen nach Palästina organisierte. Recha Freier spielte eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Tausenden jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Nazi-Deutschland.

Recha Freier, *29.10.1892, Norden †02.04.1984, Jerusalem

Orgelkonzert und Vortrag

Dem Gedenken an das Leben und Wirken von Recha Freier sind das Orgelkonzert von Oren Kirschenbaum sowie der einführende Vortrag von Klaus Voigt zum Thema „Recha Freier und die Kinder der Villa Emma“ gewidmet. Durch ihr Engagement hat Recha Freier dazu beigetragen, dass Oren Kirschenbaum das Konzert in Norden geben kann: Denn dessen Vater, Siegfried Kirschenbaum, war einer der Jugendlichen der Villa Emma, die unter anderem durch die Unterstützung von Recha Freier vor dem Holocaust gerettet wurden.

Recha Freier und die Kinder der Villa Emma

Am 13. September 1939, zwei Wochen nach dem Angriff auf Polen, wurden die noch in Deutschland ansässigen polnisch-jüdischen Männer in die Konzentrationslager Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau verschleppt. Nur wenige von ihnen haben überlebt. Recha Freier, die bekannte Zionistin, nahm sich ihrer in Not geratenen Frauen und Kinder in Berlin an. Sie sorgte für ihren Lebensunterhalt und setzte sich gegen größere Widerstände für die Freilassung einzelner Männer ein, manchmal mit Erfolg. Als sie nach Zagreb fliehen musste, holte sie etwa 130 Jungen und Mädchen aus den von ihr betreuten Familien dorthin nach, um sie im Rahmen der Jugend-Aliyah nach Palästina weiterzuleiten. Für etwa vierzig war es jedoch schon zu spät: Sie erhielten keine Zertifikate für die Einreise mehr.

Bevor Recha Freier im März 1941 selbst von Zagreb nach Palästina aufbrach, vertraute sie die vierzig Jungen und Mädchen aus Deutschland und Österreich dem 23-jährigen Zionisten Josef Indig aus Osijek an, der gut deutsch sprach. Er gelobte ihr, alles zu tun, was in seiner Macht stand, damit sie später nach Palästina kommen konnten. Dies sollte jedoch über vier Jahre dauern.

In Zagreb bedrohte die am nationalsozialistischen Vorbild ausgerichtete Verfolgung der Juden durch den kroatischen Ustascha-Staat zunehmend das Leben. Indig zog deshalb mit seinen Schützlingen in ein altes Jagdschloß in Lesno brdo unweit von Ljubljana im von Italien annektierten südlichen Teil Sloweniens weiter. Hier konnte er die zionistische Erziehung fortführen, weitgehend ungestört von den faschistischen Behörden, obwohl auch in Italien antisemitische Rassengesetze herrschten. Als im Frühjahr 1942 in der Umgebung des Jagdschlosses der Partisanenkrieg einsetzte, bot sich der Umzug nach Nonatola bei Modena an. Hier wohnten die Jungen und Mädchen auf der Flucht in der geräumigen Villa Emma, wo sie ein weiteres Jahr verbrachten und ihnen die Einheimischen wohlgesonnen waren.

Die Lage änderte sich schlagartig mit der deutschen Besetzung Italiens am 8. September 1943. Indig wusste, dass ihnen jetzt die Deportation in ein Vernichtungslager drohte. Es wäre daher zu riskant gewesen, in der Villa Emma zu bleiben. Innerhalb von zwei Tagen waren 73 Kinder und Jugendliche – ihre Zahl hatte sich seit der Ankunft der Gruppe aus Split erhöht – und 19 erwachsene Begleiterinnen und Begleiter von der Bildfläche verschwunden und bei einheimischen Familien, überwiegend Bauern und Handwerkern, untergekommen. Es gibt kaum ein vergleichbares Beispiel einer so umfassenden Hilfe für Jüdinnen und Juden an einem Ort. Sie bildete die Voraussetzung für die Flucht in die Schweiz bei nächtlicher Durchquerung des Grenzflusses, der Tresa, und in wenigen Fällen zu den Alliierten, die bereits Süditalien eingenommen hatte. Bis auf einen Jungen, der wegen einer Tuberkulose in ein Sanatorium gebracht und später deportiert worden war, wurden alle gerettet.

In der Schweiz fanden die meisten Aufnahme in einem Jugend-Aliyah-Heim in Bex im Rhônetal, von wo sie nach dem Ende des Krieges über Barcelona mit dem Schiff nach Palästina gelangten. Am Hafen von Haifa erwartete sie Recha Freier. Indig hatte das ihr gegebene Versprechen gehalten. Sowohl Recha Freiers als auch seiner Umsicht und Entschlossenheit hatten die Jungen und Mädchen, mehr noch als der großherzigen und mutigen Hilfe in Nonatola, ihr Leben zu verdanken.

Veranstaltung
Fr., 19.10.2018, um 20:00 Uhr – Recha Freier und die Kinder der Villa Emma
Orgelkonzert mit Oren Kirschenbaum zu Werken von J.S. Bach und norddeutschen Meistern im Gedenken an Recha Freier. Vor dem Konzert berichtet Klaus Voigt über „Recha Freier und die Kinder der Villa Emma in Nonatola“. Eines dieser Kinder war der Vater von Oren Kirschenbaum.
Ludgeri-Kirche Norden, Am Markt, 26506 Norden.
Eintritt frei. Um Spenden für „Ökumenischer Arbeitskreis Synagogenweg Norden e. V.“ wird gebeten.

Veranstaltende: Ev.-luth. Ludgerikirchengemeinde Norden, Ökumenischer Arbeitskreis Synagogenweg Norden e.V., Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Norden,
Kontakt: Elke Kirsten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Norden, Tel.: 04931 – 923407, elke.kirsten@norden.de, www.norden.de
Texte Klaus Voigt und Elke Kirsten

 

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