In Zetel wird’s kuschelig – die Wollweberei „coastland“ stellt mit traditionellem Werkzeug hochwertige Wolldecken und Tücher für die Zukunft her. Das Reisemagazin Teetied war zu Besuch in der Wollweberei und berichtet über die vielen Eindrücke des Handwerksbetriebes vor Ort.
Alles auf eine Karte setzen – Heinz Jürgen Gerdes und seine Frau Monika haben das getan. Als das Ehepaar Anfang letzten Jahres in der Zeitung las, dass die letzte Wollweberei in Norddeutschland schließen sollte, sagten sie kurzerhand ihrem alten Leben in Bremen ab und entschieden sich das Handwerk des Wollwebers weiterleben zu lassen. Dafür kauften sie der insolventen Tuch – und Wolldeckenfabrik Bockhorn sämtliche Maschinen ab und gründeten die Wollweberei „coastland“ in Zetel im Landkreis Friesland. In Zusammenarbeit mit Wollhändler-Partner „die Wollzeit GmbH“ aus Unterstedt wurde im Dezember 2021 die erste Decke im neuen Betrieb produziert und so bekam die Wollindustrie eine zweite Chance in Norddeutschland.
Mit einem komplett neuen Konzept will das Ehepaar dem Traditionshandwerk Wollweben eine neue Richtung geben. Gerdes plant sich mit seinen Wollprodukten in der Textilindustrie neu zu positionieren – das Unternehmen will zukunftsorientiert und nachhaltig arbeiten aber vor allem auch unabhängig sein. Dabei kann und will Heinz Jürgen Gerdes es nicht verantworten, das Wissen sowie das Kulturgut der deutschen Textilindustrie aufzugeben – zumal das Handwerk des Wollwebers in Deutschland so gut wie ausgestorben ist. Im Allgemeinen hat die deutsche Textilindustrie mit Existenzproblemen zu kämpfen, da der Druck der Massenproduktion zu möglichst billigen Preisen vom Ausland immer größer wird.
Um dem entgegenzuwirken produziert die Manufaktur lokal, transparent und sozialgerecht im norddeutschen Zetel, wo auch die Verkaufsstelle ist. Das Reisemagazin Teetied durfte hinter die Kulissen schauen und das Handwerk des Wollwebers kennenlernen. Das Team der Fabrik besteht aus teils ehemaligen Arbeitern der alten Wollweberei Bockhorn, welche damals ihren Job aufgeben mussten. Aber auch viele neue Arbeiter verschiedener Nationen haben einen Arbeitsplatz in der Wollweberei gefunden. Besonders bemerkenswert ist die Zusammenarbeit der 13 Mitarbeiter – jeder kann etwas Anderes gut und trägt seinen Teil zum großen Ganzen bei. Von der Webstuhlbedienung, über die Kettelung des Saums bis hin zum Versand ist jeder Arbeitsschritt von Bedeutung.
Die Wollweberei kann nach Absprache an den Werktagen besichtigt werden und es können direkt vor Ort Wolldecken erworben werden. Interessenten und Käufer können einen Blick hinter die Kulissen werfen und den Weg von der Schafwolle über den Faden bis hin zur fertigen, flauschigen Decke von allen Seiten bestaunen. Der Betrieb „coastland“ möchte die bewährte, hochwertige aber auch arbeitsintensivere Technik des Wollwebens am Leben erhalten. Gearbeitet wird deshalb noch mit den traditionellen, analogen Maschinen und Webstühlen. Diese werden per Hand bedient und mit Lochkarten gesteuert. Das Besondere an der Wolldeckenproduktion ist außerdem, dass aufgrund der traditionellen Webtechnik dem Faden vor dem Weben keine Chemie hinzugefügt wird. Zwar besteht dabei die Gefahr, dass der unbehandelte Garn reißt und der Webstuhl an sich auch bis zu achtmal länger braucht als ein modernisierter Webstuhl, doch dafür ist die Garnqualität unvergleichbar hochwertig.
Das Material für die verschiedenen Deckenmodelle kommt teils aus Deutschland und teils aus östlichen Ländern. Die Wolle aus unserer Region Krummhörn und Emden ist aufgrund des kalten, nassen Wetters etwas robuster und griffiger – das merkt man auch beim direkten Fühl-Vergleich. Bei der Küstendecke „SaltWaveDyke“ begreift man wortwörtlich die fein gekräuselte Wollstruktur. Die Deckenmodelle „PureWideEast“ und „SlowDarkSoul“ aus teils mongolischer Merinowolle haben dagegen eine weichere und feinere Textur.
Nachdem das Gewebe veredelt wurde, wird die Wolldecke zugeschnitten und individuell versäumt. Das Team an den Nähmaschinen nutzt dafür verschiedene Saumfarben und Muster, je nach Modell passend. Zur Auswahl gibt es eine bunte Vielzahl fertiger Wolldecken, die sich in Größe, Farbe, Wolle und Preis unterscheiden.
Die kuscheligen Wolldecken sind nicht nur super warm, sondern auch in der Herstellung nachhaltig. Im Gegensatz zu den konventionellen Decken in der Industrie, welche mit chemischen Fasern gemischt sind, sind die reinen Wolldecken sehr langlebig und können vermutlich über 20 Jahre halten. Auch das Material an sich, die Schafwolle, ist ein nachwachsender Rohstoff.
Die außergewöhnlichen Wollprodukte werden nicht nur mit Traditionsgedanken hergestellt, sondern sind auch eine Liebeserklärung an unsere Zukunft – denn sie sind nachhaltig und sozialverträglich.
Weitere Infos zur Wollweberei finden Sie hier:
Hochwertige Wollprodukte aus reiner Schurwolle | coastland (coastlandwool.de)
Birgit Heuser says:
Meine Hochachtung für diesen Schritt und Danke, daß Sie mitwirken eine Tradition zu erhalten, die in dieser schnellen Zeit sonst verloren ginge.
Das Handwerk ist, was unsere Geschichte mit ausmacht und es ist ein Glücksgefühl zu lesen, daß es Sie gibt es mit zu erhalten.
Mit Bewunderung für Ihr Werk, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Birgit Heuser
Ein tapferes Schneiderlein says:
Das finde ich genial, freue mich über die alte Handwerkskunst.